Es hatte Zeiten gegeben, wo Karen ihm die Flasche aus der Hand geschlagen hätte. Doch auch sie war gezeichnet von all dem, was sie schon in ihrem Leben hatte durchmachen müssen. Viel zu oft, nur wegen ihm. Und was tat er gerade? Sie erneut in seinen Scheiß mit hineinziehen. Geschworen hatte er es sich, die Blonde nie wieder zu belasten und doch saß er hier. Innerlich verfluchte er sich dafür, weil er keinen anderen Ausweg gesehen hatte. Wieder tat er ihr das an. Wieder nahm er die Gefahr in Kauf, dass sie ins Schussfeld geriet. Dafür hasste er sich. Frank hätte einfach auch ins Krankenhaus gehen können, vielleicht dachte niemand mehr an ihn und an seine Taten. Nein, so naiv war Frank nicht. Zuviel war passiert, als das man sein Gesicht, seinen Namen und seine Taten einfach so vergaß. Aus diesem Grund saß er hier und er war unendlich dankbar, dass Karen ihn nicht vor der Tür hatte stehen lassen. Irgendwann würde er das irgendwie wieder gut machen. Aber zuerst, musste er das hier überstehen und die Entzündung überleben, die sich durch seinen Rücken fraß.
Dann begann sie, die Splitter aus seinem Fleisch zu ziehen. Hart biss er auf den Ledergürtel, spürte den Schmerz wie er sich unbarmherzig von seinem Rücken bis in die Brust nach vorne bohrte. Auch im stieg der Geruch von Blut und Eiter in die Nase. Es war höchste Zeit, dass diese Holzsplitter rauskamen, soviel stand fest. Bei dem einen oder anderen Splitter zuckte er unweigerlich leicht zusammen, einfach weil sein Körper es musste, während er die Augen zusammenkniff und durch den Schmerz hindurch atmete. Angenehm war es definitiv nicht. Aber das war Frank inzwischen gewohnt. Schmerz. Körperlichen und seelischen. Die kurzen sanften Berührungen, wo sie das Blut wegwischte, war beinahe wie eine Streicheleinheit im Vergleich zu dem Schmerz, der sich beim entfernen der Splitter durch seinen Körper zog. Er nickte stumm, als sie sich entschuldigte, was sie im Grunde gar nicht musste. Nicht von dem hier war ihre Schuld. Nur er selbst war daran Schuld. Wie es eben immer der Fall war.
Frank nahm dem Gürtel schließlich wieder aus seinem Mund, als sie alle Splitter herausgezogen hatte. „Das musst du nicht tun, ich kriege das schon irgendwo her. Vielleicht habe ich sogar noch etwas in meinem Rucksack...“ Er wusste es ehrlich gesagt nicht mehr, oft verlor er den Überblick bei den Medikamenten und Dingen, die er für seine Verletzungen brauchte. „Geht schon... bring es einfach zu Ende.“, erklärte er dann leise, spürte aber wie sein Körper langsam aber sicher an seine Grenzen gelangte. Die Entzündung, das Fieber und der Schmerz waren keine gute Kombination. Und die Tatsache das er in den letzten Tagen so gut wie kaum geschlafen hatte, machte es auch nicht besser. Als der Alkohol seinen Rücken traf, entkam ihm ein Zischen, welches er durch seine Lippen hindurch presste. Es fühlte sich an, als würde ihm jemand einen Lötkolben an die Wirbeln halten, doch es half nichts. Deshalb keuchte er durch den Schmerz hindurch und wartete darauf, dass er nachließ. „Kann ich den Rest haben?“, fragte er mit einem Beben in der Stimme, welches gänzlich ungewollt entstanden war.
@Karen Page